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762.000 Euro bewilligt: Stadt Dortmund und ihre Partner können Projekte für Zuwanderer weiterführen

31.05.2016

Die Stadt Dortmund und ihre Projektpartner können das 2014 aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds beantragte Maßnahmepaket für Menschen aus Bulgarien und Rumänien, die in Dortmund bleiben wollen, fortführen. Bereits im November 2015 hatte das Sozialdezernat Fördermittel für aufsuchende soziale Arbeit und Kompetenzfeststellung, Arbeitsmarktlotsen, Sprachkurse und eine niedrigschwellige Begegnungsmöglichkeit beantragt. Nun hat die Bezirksregierung Arnsberg weitere 762.000 Euro für das Jahr 2016 bewilligt. Mit einem neuen Antrag hat die Stadt bereits Mittel für die Jahre 2017 bis 2020 beantragt.

Das Sozialdezernat hat gemeinsam mit Caritas und Diakonie, GrünBau, dobeq und AWO passgenaue Hilfeangebote aufgebaut und im Laufe der Zeit weiterentwickelt. „Wir wollen die Menschen, die in Dortmund bleiben und hier eigenständige Perspektiven entwickeln möchten, beim Aufbau oder der Festigung einer eigenständig finanzierten Lebensperspektive unterstützen. Das gelingt uns zunehmend besser, auch wenn es ein weiter Weg ist“, so Sozialdezernentin Birgit Zoerner.
Die aufgebauten Angebote führen die EU-Bürger mit gezielter individueller Begleitung an das Erwerbsleben heran und unterstützen sie dabei, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dazu haben alle Träger ein interdisziplinär zusammengesetztes Team aus sprach- und kulturkundigen Fachkräften gebildet, das sich gemeinsam um die Unterstützung der Menschen kümmert. Um einen guten Kontakt zu den Zuwanderern aufzubauen, werden sie in den Bürgerdiensten angesprochen oder in ihren Wohnquartieren und Treffpunkten aufgesucht und über die Hilfeangebote informiert.
„Europa ist nicht Rosinenpickerei. Uns sind alle Menschen willkommen, nicht nur gesuchte Facharbeiter“, betont Christoph Gehrmann, Leiter des Fachdienstes für Integration und Migration der Caritas Dortmund. „Wir haben in Deutschland noch kräftig an unserer Willkommenskultur zu arbeiten.“ Genau daran knüpft die erfolgreiche Arbeit der Ökumenischen Anlaufstelle ,Willkommen Europa’ an. Im vergangenen Jahr fanden weit mehr als 1.500 EU-Neuzuwanderer – die große Mehrheit von ihnen bildungsfern – den Weg in die Bornstraße 64. „Und das macht uns Mut, den gemeinsam eingeschlagenen Weg weiterzugehen“, erklärt Frank Merkel, Caritas-Koordinator für ,Willkommen Europa’.
Das Interkulturelle Zentrum der AWO hilft beim Ankommen und der Orientierung in Dortmund und bietet niedrigschwellige Grundlagen für die Wahrnehmung der anderen Beratungs- und Qualifizierungsangebote. Es ermöglicht erste Schritte beim Erlernen der deutschen Sprache und eine Orientierung auf dem Arbeitsmarkt – zunächst ganz ungezwungen und informell.
Anschließend geht es in einem Kompetenzfeststellungsverfahren darum, die schulischen und beruflichen Qualifikationen der Zuwandernden und deren sonstigen Fähigkeiten und Fertigkeiten herauszufiltern. Je nach individueller Ausgangslage folgen weitere Maßnahmen. Dazu gehören vor allem Sprachförder- und Qualifizierungsmaßnahmen.
Das Projekt bietet seit Herbst 2015 motivierten Teilnehmenden Kurzqualifizierungen in Branchen an, in denen auch für geringer qualifizierte Menschen die Möglichkeit besteht, Schritt für Schritt in sozialversicherungspflichtige Tätigkeit einzumünden, zum Beispiel in der Gebäudereinigung. „Neben der Kompetenzfeststellung und den genannten Qualifizierungen hat die Praxis gezeigt, dass eine intensive Einzelfallbetreuung, gekoppelt an eine sorgfältige Arbeitgeberansprache zu einer ,nachhaltigen’ Integration in Arbeit führen kann. Bereits 21 Teilnehmende konnten so in reguläre Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden“, berichten Imke Hille (dobeq) und Ute Lohde (GrünBau) aus dem Projektbaustein Kompetenzfeststellung.
Alle Projektpartner sehen die Erfolge der gemeinsam aufgebauten Angebote. Die Geschäftsführerin der Diakonie, Anne Rabenschlag, führt das nicht nur auf die gewachsene Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen zurück, sondern vor allem auf die gute Zusammenarbeit der Träger: „Alle Beteiligten, Stadt und Träger der Wohlfahrtsverbände, haben sich zügig auf ein gemeinsames Handlungskonzept verständigt. Mit großem Engagement arbeiten wir hartnäckig daran, die oft unlösbar erscheinenden strukturellen Probleme doch noch zu bewegen. Die erklärten gemeinsamen Ziele sind eine gute Integration und ein selbstbestimmtes Leben in unserer Stadt.“
Stadträtin Birgit Zoerner bestätigt das: „Es ist uns in den letzten zwei Jahren gelungen, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, in der alle zentralen Maßnahmen und Akteure vernetzt miteinander arbeiten. So konnten wir unsere Arbeit wirksam verzahnen, Angebotslücken schnell erkennen und schließen.“ Einer der zentralen Bausteine in diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Studierenden, die an der FH Dortmund den dualen Studiengang „Armut und (Flüchtlings-)Migration“ absolvieren und gleichzeitig in Teilzeit bei unterschiedlichen Dortmunder Trägern der Sozialen Arbeit angestellt sind.
Das Sozialdezernat hatte 2014 erstmals ESF-Mittel für 23 Studierende erfolgreich beantragt, mittlerweile hat die Interessengemeinschaft Dortmunder Beschäftigungsinitiativen Mittel für weitere neun Studierende eingeworben. Anstellungsträger sind neben der AWO, der Caritas, der Diakonie, GrünBau, dobeq und der Stadt Dortmund auch das Soziale Zentrum und der Planerladen.
„Nach 1,5 Jahren Dualem Studiengang ,Armut und (Flüchtlings-) Migration’ lässt sich aus unserer Sicht sagen, das ,Experiment’ Studentische Integrationshelfer ist ein Erfolg für alle Beteiligten, weil es einen deutlich besseren Zugang zu den sogenannten Zielgruppen ermöglicht. Die Abstimmungsprozesse zwischen FH, Kommune, Trägern und Studierenden lässt eine zeitnahe Anpassung der Zugangsstrategien zu. Die zielgerichtete Ausbildung der Fachkräfte der sozialen Arbeit bildet die Anforderungen im Arbeitsfeld sehr gut ab. Umso bedauerlicher wäre es für alle Beteiligten, wenn vom Ministerium für die Studienanfänger des nächsten Studienjahres keine Fördermittel mehr zur Verfügung gestellt werden würden“, so Gunther Niermann für die Träger des Paritätischen in Dortmund.
Sozialdezernentin Zoerner freut sich besonders über die gute Kooperation von Stadt und freien Trägern. Nur so könnten gemeinsam Entscheidungen auf Augenhöhe getroffen und Herausforderungen bewältigt werden. Kooperation allein löse aber nicht alle Probleme. „Viele der Zuwanderer bringen keine guten beruflichen Qualifikationen mit. Der Arbeitsmarkt bietet aber für genau diese Menschen nur wenige Möglichkeiten. Die beim Jobcenter eingesetzten Arbeitsmarktlotsen, für die mein Dezernat ebenfalls europäische Mittel beantragt hat, haben daher keine leichte Aufgabe, wenn es darum geht, die Menschen in Jobs zu vermitteln. Menschen mit guter Ausbildung oder beruflicher Qualifizierung haben in Dortmund keine Schwierigkeiten, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Anders sieht es für an- oder ungelernte Kräfte aus, denn in Dortmund gibt es bereits viele Langzeitarbeitslose, die wenig Chancen auf eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration haben“, so Zoerner.
Zoerner hat sich daher als Vorsitzende der Arbeitsgruppe Zuwanderung beim Deutschen Städtetag immer wieder an die Bundesebene gewendet und in Gesprächen immer wieder auf die zentralen Probleme hingewiesen und nachhaltige Lösungen eingefordert: für die Verbesserung der Situation in den Herkunftsländern, aber auch für die Unterstützung der Zielstädte.
„Die kommunale Ebene kann die mit der Zuwanderung verbundenen Probleme nicht allein bewältigen. Wir brauchen schlicht und einfach Geld, das einen Teil der in den Städten entstehenden Soziallasten auffängt und das wir zum Beispiel in öffentlich geförderte Beschäftigung investieren können für die Neu-Zuwandernden und natürlich auch für die schon lange in der Stadt lebenden Langzeitarbeitslosen. Auch wenn der Bund sich in dieser Frage immer wieder wegduckt: Berlin bleibt in der Pflicht, wir werden nicht locker lassen.“
Kontakt: Anke Widow

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