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Blick in die Praxis: Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen in Dortmund durch die EWEDO GmbH

05.10.2017


Die EWEDO GmbH aus Dortmund unterstützt in mehreren Projekten die berufliche Integration von Geflüchteten. Im Interview gibt Geschäftsführer Detlev Becker einen Einblick in die Praxis der Arbeitsmarktintegration.
 

Wer ist die EWEDO GmbH?
Detlev Becker: Die EWEDO GmbH Dortmund wurde 1992 gegründet und unterstützt mittelständische Unternehmen, deren Beschäftigte und Arbeitssuchende bei der erfolgreichen Anpassung an sich laufend verändernde wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen.
Sie agiert sowohl als Projekt- und Integrationsträger, Unternehmensberatung und Personalvermittlung. Dabei bietet EWEDO mit den Geschäftsbereichen internationale Märkte, Personalvermittlung, berufliche Perspektiven und Projektarbeit ein umfassendes professionelles Dienstleistungsspektrum.
 
Welche Arbeitsschwerpunkte haben Sie im Bereich der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen?
Detlev Becker: Das Thema Arbeitsmarktintegration für die Zielgruppe Geflüchtete beschäftigt uns schwerpunktmäßig seit unserer Teilnahme an einem Sonderprojekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahr 2008.
Zum einen begleiten wir Geflüchtete in unterschiedlichen Projekten, wie beispielsweise „APP: Arbeit – Potenziale – Perspektiven für Flüchtlinge“ oder den „Förderzentren für Geflüchtete“ auf ihrem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt.
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt liegt auf den Deutschförderangeboten. Hier sind wir zuweisende Stelle für die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierten Sprachkurse. Bei der Umsetzung unserer Sprachförderangebote arbeiten wir zudem eng mit der VHS Dortmund zusammen. Ebenso sind wir Schulungsträger für die Fachkräfte von Jobcenter, Agentur für Arbeit und Integration Point. Wir vermitteln ihnen in Schulungsveranstaltungen Fachwissen zum Thema Aufenthaltsrecht und Arbeitsmarktintegration.
 
Welche Projekte zur Integration von Flüchtlingen werden aktuell umgesetzt?
Detlev Becker: Im Projekt Förderzentren für Geflüchtete setzen wir gemeinsam mit dem Caritasverband Dortmund e.V. erprobte Integrationsstrategien um. Der Fokus liegt hier auf der professionellen Arbeit von kompetenten Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen, zusammengeführt in einem ganzheitlichen Integrationsansatz mit unterschiedlichen Projektansätzen (Projektgarten, Internationales Cafe) und Aktivitäten mit Betrieben (Praktika, JOB-BUS)
Ziel ist eine zielgerichtete Aktivierung, bzw. Ausrichtung der teilnehmenden Flüchtlinge hin zum Arbeitsmarkt. Durch einen ganzheitlichen Ansatz aus Bewerbungsmanagement, Spracherwerb, Jobcoaching und Stabilisierung wird der Integrationsprozess in Beschäftigung gestaltet. Die berufliche Orientierung und Förderung erfolgt in den Berufsfeldern Technik, Hotel, Gastronomie, Hauswirtschaft, Lager sowie Handel und Verwaltung.
Im Projektverbund APP haben sich acht Träger aus Dortmund, Hagen und dem Märkischen Kreis mit umfassender Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen zusammengeschlossen. Wir bieten hier eine individuelle Beratung für Geflüchtete und berufsbezogene Sprachförderung an. Ebenso sind wir in der Vermittlung in Schule, Ausbildung, berufliche Qualifizierung und Arbeit aktiv. Auch begleiten wir Geflüchtete, die Arbeit gefunden haben, in Betrieben. Hierbei kooperieren wir eng mit Betrieben und arbeitsmarkt- und integrationsrelevanten Akteuren.
Weiterhin bieten wir Workshops zur interkulturellen Kompetenz für Multiplikatoren an und führen Schulungen für Mitarbeitende der Agentur für Arbeit und des Jobcenters zum Themenkomplex „Aufenthaltsrecht und Arbeitsmarktintegration“ durch. Gefördert wird das Projekt APP im Rahmen der ESF-Integrationsrichtlinie Bund im Handlungsschwerpunkt „Integration von Asylbewerber/-innen und Flüchtlingen (IvAF)“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds.
 
Wie sind Ihre Erfahrungen aus den Projekten mit der Zielgruppe Flüchtlinge?
Detlev Becker: Im Vergleich zu vielen „normalen“ Langzeitarbeitslosen sind unsere Teilnehmer mit Fluchthintergrund hoch motiviert und wollen etwas erreichen. Trotz vieler Problemlagen, insbesondere Traumata durch Kriegs- und Fluchterfahrungen, gibt es hier viel Potenzial.
Herausforderungen sehen wir vor allem darin, den Wert von beruflicher Qualifizierung an unsere Zielgruppe zu vermitteln. Viele wollen nämlich so schnell wie möglich arbeiten, um Schulden zu bezahlen oder ihre Familie zu unterstützen. Hier müssen wir Überzeugungsarbeit leisten, dass sich mittelfristig eine berufliche Qualifizierung immer gegenüber der Aufnahme einer Aushilfstätigkeit auszahlt.
Etwas differenzierter gestaltet sich die Situation, wenn die Teilnehmer einen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Hier konnten wir in einigen Fällen beobachten, dass die Motivationskurve abflacht. Unser Ziel ist es, auch in diesen Fällen die Leute zum „Dranbleiben“ zu motivieren und bestmöglich zu unterstützen.
 
Was sind aus Ihrer Sicht Erfolgsfaktoren für eine Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen?
Detlev Becker: Für uns ist jede/r Geflüchtete ein Einzelfall. Zuvorderst geht es darum, den Menschen durch einen gesicherten Aufenthaltsstatus eine Perspektive zu geben. Aufbauend auf dieser Perspektive können wir sie dann für den Arbeitsmarkt fitmachen. Als Erleichterung in unserer Arbeit hat sich z.B. die Anwendung der 3+2 Regelung erwiesen. Geflüchtete erhalten hier eine verlässliche Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung, wobei nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss bei anschließender Beschäftigung ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre erteilt wird.
Natürlich ist eine enge Vernetzung mit allen Akteuren, Verwaltung, Arbeitsagentur und Jobcenter sowie Kammern und Betrieben, essentiell. Ebenso eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde. Das hilft dabei, kooperative Lösungen im aufenthaltsrechtlichen Kontext zu entwickeln.
Weiterhin ist es wichtig, realistische Vorstellung über die Möglichkeiten und die Chancen, die der deutsche Arbeitsmarkt bietet, zu vermitteln. Wir sehen uns als Kümmerer, die mit viel Fingerspitzengefühl agieren und, wenn notwendig, zeitnah und kompetent eingreifen.
Wichtig sind auch Informationsangebote wie www.gefluechtete-dortmund.de, die Geflüchteten Orientierung geben, die kommunalen Angebote bündeln und so den Schritt in den Arbeitsmarkt erleichtern können.

Detlev Becker (4. v. links) im Kreise der Initiatorinnen und Initiatoren des „Dortmunder Forums für Flüchtlinge“

 
Wo gibt es Stolpersteine? Wie kann die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen zukünftig verbessert worden?
Detlev Becker: Problematisch ist aktuell immer noch das Thema „Unsicherheit“, sowohl für die Geflüchteten als auch für die Betriebe. Zwar hat sich hier durch neue ausländerrechtliche Rahmenbedingungen in der letzten Zeit einiges zum Positiven verändert, jedoch muss auf der betrieblichen Seite noch einiges an Aufklärungsarbeit geleistet werden. Die Unsicherheit über den Aufenthaltsstatus ist natürlich auch für die Betroffenen selbst schlecht, da sie in „Warteschleifen“ zur Untätigkeit „verdammt“ sind und ihnen Kompetenzen und der Bezug zum Arbeitsmarkt verloren gehen. Wünschenswert wäre es, wenn alle Akteure noch mehr in Förderketten denken würden, um eine kontinuierliche Förderung der Geflüchteten Menschen zu ermöglichen.
Ebenso müssen wir uns die Frage stellen, was wir denjenigen Menschen anbieten können, die keinen sicheren Aufenthaltsstatus haben, nicht an Förderprogrammen teilnehmen dürfen, aber trotzdem hier sind und auf absehbare Zeit auch nicht in ihre Heimatländer zurückkehren werden.
Wichtig ist, dass wir beim Thema Neuzuwanderung von der Einstellung „passiert halt“ wegkommen und endlich wahrnehmbare Strukturen schaffen. Und im Themenfeld agieren, nicht nur reagieren und Förderlücken schließen. Viele Potenziale werden hier immer noch nicht genutzt, die Partizipation an Angeboten immer noch zu sehr dem Zufall überlassen. Sicher ist es auch im Sinne der Nachhaltigkeit nicht zweckdienlich, wenn viele Strukturen noch projektfinanziert sind.
 
Kontakt:
Detlev Becker
Geschäftsführer
Ewedo GmbH
DBecker(at)ewedo.de
0231 177530-11
 
Weitere Informationen:
Ewedo GmbH: http://www.ewedo.de/
Netzwerk Geflüchtete in Dortmund: http://www.gefluechtete-dortmund.de/

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