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Blick in die Praxis: ESF-gefördertes Modellprojekt „Digitale Excellence NRW“

09.11.2017


Die zunehmende Digitalisierung stellt enorme Herausforderungen und gleichzeitig große Chancen für innovative und digitale Geschäftsmodelle, Prozesse und Produktionsmethoden auch im Handwerk dar. Andreas Franke, Geschäftsführer der mpool consulting GmbH – Dortmund zeigt im Interview, wie das ESF-geförderte Modellprojekt „Digitale Excellence NRW“ kleine und mittlere Unternehmen im digitalen Wandel unterstützt.

 
Herr Franke, beschreiben Sie doch kurz, in welchen Feldern die mpool consulting GmbH tätig ist.
Andreas Franke: Wir beraten mittelständische Unternehmen schwerpunktmäßig in den Bereichen Geschäftsstrategie, Prozessorganisation und Personalentwicklung in unterschiedlichen Branchen und in allen Phasen eines Unternehmens, auch und vor allem in schwierigen Situationen. Daneben konzipieren wir Modellprojekte mit Förderung von Land, Bund oder EU und setzen diese mit unseren Partnern aus dem Netzwerk um.
Die Themen „Arbeit 4.0“ und „Digitalisierung“ sind aktuell in aller Munde. Hype oder berechtigte Schwerpunktsetzung?
Andreas Franke: Ich denke, eine Schwerpunktsetzung im Bereich Digitalisierung ist sehr berechtigt. Allerdings müssen wir hier begrifflich klarstellen, was mit Digitalisierung gemeint ist. Wir verstehen unter Digitalisierung auf Unternehmensebene einerseits die Kenntnis der wertschöpfenden Prozesse im Unternehmen und anderseits die Gestaltung der Veränderung, die  sich durch die zunehmend autonomere Interaktion von untereinander vernetzten Geräten ergeben. Die Entwicklung gewinnt hier exponentiell an Fahrt und wird die Arbeitswelt, vor allem Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation, massiv verändern. Es geht hier ganz klar um die Frage, wo und wie Arbeitsprozesse zukünftig digital effizienter abgebildet werden können und wie Menschen in diesem Prozess mitgenommen werden können. Das setzt gerade kleine und mittlere Unternehmen, die nicht über die Ressourcen verfügen, einmal einen Schritt vom hektischen Tagesgeschäft zurücktreten zu können und Digitalisierung als Managementaufgabe zu betrachten, unter einen enormen Handlungsdruck.
Wo liegen hier die konkreten Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen?
Andreas Franke: Fundamental ist zum einen, erst einmal zu erkennen, dass Digitalisierung ein Prozess ist, der als Managementaufgabe mit zumindest mittelfristiger Perspektive gestaltet werden muss. Veränderungs-, Berührungs- und vielleicht auch Zukunftsängste gibt es natürlich auch. Hier gilt es, ein Bewusstsein zu schaffen, dass Digitalisierung eine positive Herausforderung ist, die gemeinsam strukturiert, entschlossen und verantwortlich gestaltet werden kann. Wichtig ist hierbei gerade für KMU, dass sie nicht auf jeden Hype aufspringen, sondern genau und gerne auch mit professioneller Unterstützung analysieren, wie sich ihr Geschäftsumfeld verändert. Und sie sich hierbei auch immer die Frage stellen: „Was tue ich? Und was tue ich nicht?“
Sie setzen aktuell das ESF-kofinanzierte Projekt „Digitale Excellence NRW“ um. Was muss man sich darunter vorstellen?
Andreas Franke: Wir, das heißt die mpool GmbH gemeinsam mit dem Technologie- und Innovationsberatungsunternehmen IGA mbH, vertreten von Herrn Prof. Dr.-Ing. Gerd Grube, begleiten im Projekt „Digitale Excellence NRW“ kleine und mittlere Unternehmen aus den Bereichen Metall, Elektro, Maler- und Lackiererhandwerk bei der Gestaltung ihrer digitalen Veränderungsstrategie. Das Projekt führen wir als beteiligungsorientiertes Modellprojekt in zwei Leitbranchen durch. 6 Projektunternehmen werden im Rahmen des 2-jährigen Modellprojektes intensiv begleitet. Unser Ziel ist, die Chancen, die der digitale Wandel für die Gestaltung der Arbeit in KMU bietet, zu verstärken und Risiken frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
Im ersten Schritt recherchieren wir die branchenspezifischen Anforderungen und analysieren die Unternehmensstrategie im Hinblick auf den digitalen Wandel. Auf Basis des EFQM Excellence Modells wird der Analyseansatz „Digitale Excellence“ erarbeitet. EFQM steht für European Foundation for Quality Management. Ziel des Managementmodells ist die systematische und strukturierte Verbesserung der Ausgangssituation unter Berücksichtigung der Unternehmensziele, der Stakeholder und der Nachhaltigkeit.
Anschließend wird im Dialog mit den KMU-Vertretern (Geschäftsleitung, Inhaber/in, Personalleitung, betrieblicher Interessensvertretung und Abteilungsleitung) für jedes KMU ein Selbstbewertungsinstrument „Assessment Digitaler Wandel“ auf Basis des EFQM Excellence Modells erarbeitet. Die Bewertung erfolgt anhand der Befähigerkriterien: 1. Prozesse, Produkte und Dienstleistungen, 2. Strategie, 3. Führung und 4. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im nächsten Schritt wird hieraus ein betrieblicher Handlungsplan erarbeitet, in dem klar festgelegt wird, welche Aktivitäten und Verantwortlichkeiten zu welchem Zeitpunkt mit welchen Zielen und Messgrößen im Unternehmen umgesetzt werden. Und bei der Umsetzung begleiten wir die beteiligten Unternehmen natürlich. Als gleichberechtigter Partner konzentriert sich die IGA mbH u. a. dabei auf die konkreten Frage- und Aufgabenstellungen unserer Anwendungsbetriebe, welche sich aus der Digitalen Blaupause der umzusetzenden Prozesse und Abläufe ergeben. Dabei bietet die Digitale Blaupause der umzusetzenden Prozesse die Grundlage, dem Dreiklang zwischen der Technik- und Organisationsweiterentwicklung und dem frühzeitigen Erkennen und Entfalten der individuellen Qualifizierungsbedarfe und Motivationen der Mitarbeiter gerecht zu werden. Ab dem Frühjahr 2018 planen wir dann einen Roll Out, also eine Übertragung unseres Ansatzes auf 10 weitere Unternehmen.
 Wie geht das Modellprojekt auf regionale Besonderheiten der Region Westfälisches Ruhrgebiet ein?
Andreas Franke: Unser Projekt ist eng mit dem von den Arbeitsmarktakteuren der Region Westfälisches Ruhrgebiet erarbeiteten Handlungsplan verzahnt. Wir wollen mit diesem Projekt einen Beitrag zur Zukunft der Arbeit im Westfälischen Ruhrgebiet leisten, zur arbeitsorientierten Modernisierung und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen und insbesondere in Kleinst- und Kleinbetrieben Kompetenz in Sachen Personalentwicklung und Personalmanagement aufbauen. Mit dem Projekt nehmen wir Branchen in den Fokus, die für das Westfälische Ruhrgebiet Leitbranchen sind. Eine regionale Besonderheit, die sich sicher auch positiv auf die Projektumsetzung auswirkt, sind die gute Betriebskultur in unserer Region, die guten Zugänge und das hohe Maß an überbetrieblicher Zusammenarbeit.
 Was hat Sie zur Konzeption des Projektes bewogen?
Andreas Franke: Als langjährige Berater von KMU haben wir in den letzten Jahren gemerkt, dass es im Bereich der digitalen Transformation eine hohe Nachfrage von Unternehmensseite nach Angeboten gibt. Denn: Der aktuell sehr hohe Beschleunigungsgrad im Bereich der Digitalisierung von Arbeitsorganisation und Arbeitsprozessen erhöht den Handlungsdruck auf Unternehmen, insbesondere KMU, immens. Immer mehr Unternehmen sind damit konfrontiert, wie eine effiziente Arbeitsorganisation unter zunehmender Zeitentgrenzung gelingt. Ebenso stellt sich natürlich die Frage, welche Kompetenzen zukünftig wann und wie gebraucht werden.  Gibt es fördernde oder auch hemmende Denkmuster in Unternehmen, die in einem Zusammenhang mit der Veränderungsdynamik des Wandels stehen?
 Welche Partner haben Sie zur Umsetzung gewonnen?
Andreas Franke: Als regionale Multiplikatoren haben wir die Handwerkskammer Dortmund, die IHK zu Dortmund, den Maler- und Lackierinnungsverband Westfalen sowie den Unternehmensverband der Metall- und Elektroindustrie eingebunden. Auf Landesebene arbeiten wir eng mit dem Arbeitsministerium des Landes NRW sowie der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung (G.I.B.) zusammen. Für das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) wird durch die betriebliche Erprobungsarbeit in den teilnehmenden KMU eine Handlungsempfehlung zur Weiterentwicklung der vorhandenen Förderinstrumente (wie z.B. Potentialberatung) um den Aspekt „Digitaler Wandel“ abgeleitet. Ebenso ist geplant mit der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) einen Erfahrungsaustausch zu organisieren.
Welchen Mehrwert hat eine Teilnahme am Projekt „Digitale Excellence NRW“ für KMU?
Andreas Franke: Durch eine Teilnahme an unserem Projekt erhalten Unternehmen nicht eine Antwort auf die Frage, wo die Digitalisierung von Arbeitsprozessen wirklich Sinn macht, sondern sie erhalten eine digitale Blaupause ihrer Kernprozesse und der Digitalisierungsmöglichkeiten. Bei der Umsetzung des gemeinsam erarbeiteten Handlungsplans werden sie nicht alleine gelassen, erfahrene Berater stehen ihnen mit Unterstützungs- und Coachingangeboten zur Seite. Betriebe, die sich für eine Teilnahme an der Erprobungsphase in 2018 interessieren, können sich gerne an uns oder die Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet wenden.
 
Die Personen hinter „Digitale Excellence NRW“

Andreas Franke ist Geschäftsführer der mpool consulting GmbH – Dortmund. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die strategische Unternehmensberatung, Kompetenzmanagement, Businesscoaching sowie die Leitung öffentlicher Forschungs- und Förderprojekte für Bund, Land und EU. Als Prozessberater im Programm unternehmensWert:Mensch, Potentialberater und kfw-Berater hat er vor allem die Belange mittelständischer Unternehmen im Fokus.
mpool consulting GmbH: http://www.mpool-consulting.de
  Prof. Dr.-Ing. Gerd Grube ist Geschäftsführer der IGA mbH – Dortmund. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Technologie- und Innovationsmanagement sowie die Transformation in die Digitalisierung mit Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen. Seine Expertisen als Unternehmer und Wissenschaftler werden von einem umfassenden Netzwerk aus Forschung und Wirtschaft flankiert.
IGA mbH: http://www.iga.de

 
Projektwebsite Digitale Excellence NRW: http://www.digitalesnrw.de
 
 

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