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Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet präsentiert Erfolgsbeispiele: Teilzeitausbildung und Verbundausbildung in der Praxis

16.05.2017


Chancen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels für die Unternehmen, Chancen auf einen qualifizierten Beruf für junge Menschen: das zeichnet die Teilzeitausbildung und die Verbundausbildung aus. Auf einer Veranstaltung in Unna informierte die Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet über beide Ausbildungsformen und warb mit Beispielen erfolgreicher Praxis für die stärkere Nutzung von Teilzeit- und Verbundausbildung.

Vollwertig, sinnvoll und gut – eine Bewertung, die sowohl für die Teilzeitausbildung wie auch für die Verbundausbildung gilt. Doch beide Instrumente der Ausbildungspolitik werden trotz großer Erfolge noch viel zu selten genutzt. Daran will die Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet etwas ändern. Auf einer Veranstaltung in Unna warb sie am 5. Mai 2017 vor Vertreterinnen und Vertretern privater und öffentlicher Unternehmen für die beiden innovativen Ausbildungsformen und dokumentierte ihre Erfolge an überzeugenden Beispielen aus der Praxis.

Teilzeitausbildung

Was Teilzeitausbildung bedeutet, erläuterte Anke Jauer, Mitarbeiterin der Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet: „Bei der Teilzeitausbildung wird der betriebliche Teil zeitlich verkürzt, so dass Berufsausbildung und Familie miteinander vereinbar sind. Junge Mütter und Väter sowie Pflegende können gemeinsam mit dem Ausbildungsbetrieb bei der zuständigen Kammer einen Antrag auf Verkürzung der wöchentlichen Ausbildungszeit stellen.“
Damit der Übergang in Teilzeitausbildung gelingt, gibt es in NRW das Projekt „Teilzeitberufsausbildung – Einstieg begleiten – Perspektiven öffnen“ (TEP), unterstützt aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Sozialfonds (ESF). Umgesetzt wird TEP im Kreis Unna von „IN VIA Unna e. V.“, einem katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit. IN VIA-Mitarbeiterin Angela Rose stellte in Unna klar, dass bei der Organisation von Teilzeitberufsausbildung ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle möglich sind. „Vor allem Männer und auch Verheiratete wissen oft nicht, dass eine Teilzeitberufsausbildung auch für sie in Frage kommt oder dass Auszubildende auch während der Ausbildungszeit von Vollzeit in Teilzeit wechseln können.“

Organisationsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna, war bei der Veranstaltung zu erfahren, wirbt bei den Unternehmen nicht nur für Teilzeitausbildung, sondern bildet selbst junge Menschen in Teilzeit aus. Zu ihnen gehört Viktoria Walter, angehende Kauffrau für Büromanagement.
Weil sie ihre vierjährige Tochter betreuen muss, hatte die junge Mutter keine Vollzeitausbildung beginnen können. Das Jobcenter hatte sie dann auf das Landesprogramm „TEP“ hingewiesen, wo sie von IN VIA beraten und gecoacht wurde. Heute ist Viktoria Walter hoch zufrieden: „Jetzt kann ich endlich die Betreuung meines Kindes und eine qualifizierte Berufsausbildung miteinander verbinden.“
Auch Dr. Michael Dannebom, Geschäftsführer ihres Ausbildungsbetriebs, wusste ausschließlich Positives zu berichten: „Trotz Verkürzung des betrieblichen Teils ist die vollständige Vermittlung aller vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte gewährleistet. Das gelingt nicht zuletzt deshalb so gut, weil die jungen Mütter und Väter oft über eine große Organisationsfähigkeit und ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein verfügen.“ Sein Fazit: „Ich kann den Betrieben nur raten, es auch mal mit einer Teilzeitausbildung zu versuchen.“

Vollzeit- und Teilzeitausbildung sind gleichwertig

Erfreulich die Erfahrungen mit einer Teilzeitausbildung auch beim zweiten vorgestellten Beispiel. Hier lässt sich Franziska Seeliger, ebenfalls eine junge Mutter, in Teilzeit zur Gärtnerin ausbilden. So gelingt es ihr, morgens ihre Tochter zur Tagesmutter zu bringen und anschließend zur Baustelle zu fahren. Weil sie vor Antritt ihrer Ausbildung nicht wusste, ob eine Teilzeitausbildung auch für ihren Beruf in Frage kommt, hatte sie sich bei der zuständigen Landwirtschaftskammer erkundigt. Dort erfuhr sie: Teilzeitausbildung ist in allen dualen Ausbildungsberufen möglich.
Dass ihr Ausbildungsbetrieb, der Baubetriebshof der Stadt Bergkamen, überhaupt einen Ausbildungsplatz in Teilzeit anbietet, ist der Initiative der dortigen Gleichstellungsbeauftragten zu verdanken. Ausbilder Michael Bartusch: „Wir haben unsere Stellenanzeige einfach um eine knappe Formulierung ergänzt: Teilzeitausbildung möglich“. Auch sein Fazit ist gleichermaßen prägnant wie positiv: „Vollzeit- und Teilzeitausbildung sind gleichwertig für uns.“
Grund genug also für Unternehmen, mehr Ausbildungen in Teilzeit anzubieten. Doch obwohl die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung bereits seit zwölf Jahren existiert, merkte Dirk Vohwinkel, Leiter der Ausbildungsberatung in der IHK Dortmund, an, „ist sie immer noch nicht in den Köpfen der Entscheider.“ Dabei weiß er aus der Rücksprache mit Betrieben, „dass Teilzeitauszubildende gut organisiert und hoch motiviert sind. Die Quote der Ausbildungsabbrüche tendiert hier gegen null Prozent.“

Verbundausbildung funktioniert reibungslos

Zweites Thema in Unna war die Verbundausbildung. Wie sie funktioniert, erläuterte Viktoria Berntzen von der Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet: „Ein Betrieb, der nicht alle Ausbildungsinhalte anbieten kann, schließt sich mit einem oder mehreren Partnerbetrieben zusammen, um gemeinsam einen Jugendlichen auszubilden. Die Gesamtverantwortung für die Ausbildung liegt beim koordinierenden Betrieb, der mit dem Jugendlichen den Vertrag abschließt und auch die Ausbildungsvergütung zahlt. Verbünde können nicht nur zwischen Betrieben, sondern auch zwischen einem Betrieb und einem Bildungsdienstleister geschlossen werden. In kleinen und mittleren Unternehmen, die ohne den Ausbildungsverbund nicht ausbilden dürften, wird die Verbundausbildung über den Europäischen Sozialfonds mit einmalig bis zu 4.500 Euro pro Ausbildungsplatz gefördert.“

Stephan Szyszka, Ausbildungsmeister der Rheinkalk GmbH (links) und Iris Neuhaus, Personalleiterin der MPG Mendener Präzisionsrohr GmbH/MPG Wärmetechnik GmbH (Mitte), berichten von ihrer Zusammenarbeit bei der Verbundausbildung, die ihre beiden Unternehmen kooperativ anbieten. Beide sind sich einig: „Die Beantragung der Fördergelder ist heute weitaus unbürokratischer als in der Anfangsphase. Der Verwaltungsaufwand ist deutlich reduziert.“ Damals und erst recht heute gibt es nach ihrer Ansicht keinen Grund, die Einrichtung einer Verbundausbildung in Erwägung zu ziehen: „Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos.“

 
Wie sinnvoll eine Verbundausbildung ist und wie reibungslos sie ablaufen kann, illustrierten auf der Veranstaltung zwei kooperierende Unternehmen: die MPG Mendener Präzisionsrohr GmbH/MPG Wärmetechnik GmbH sowie die Rheinkalk GmbH, eine Tochter von Lhoist Germany.
MPG-Personalleiterin Iris Neuhaus berichtete, dass ihr Unternehmen bereits seit zehn Jahren auf Verbundausbildung setzt: „Wir haben keine eigene Lehrwerkstatt und können nicht alle Ausbildungsinhalte abdecken, wollen aber, um unseren Fachkräftebedarf zu decken, unbedingt selbst ausbilden. Deshalb haben wir uns für eine Kooperation mit der Rheinkalk GmbH entschieden. Dort sind unsere Auszubildenden gut aufgehoben.“
Das bestätigte Lena Vöbel, die sich in den beiden Verbundunternehmen zur Elektronikerin Fachrichtung Betriebstechnik ausbilden lässt. Bei der Rheinkalk GmbH, wo sie zur Vorbereitung auf die Zwischenprüfung gleich drei Wochen hintereinander verbracht hat, erlernte sie zum Beispiel die Grundlagen zur Programmierung der speicherprogrammierbaren Steuerung. Lena Vöbel: „Das kann man nur in einer Lehrwerkstatt wie bei Rheinkalk und nicht während der laufenden Produktion bei der MPG.“ Der sporadische Wechsel zwischen beiden Betrieben ist für sie kein Problem.
Ausbildungsmeister Stephan Szyszka von der Rheinkalk GmbH hob vor allem die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ zwischen den beiden Verbundunternehmen hervor. Sein Unternehmen stellt die große Lehrwerkstatt übrigens insgesamt 15 Partnerbetrieben zur Verfügung.

Ausbildung lohnt sich immer

Durchweg positiv ist das Urteil über Verbundausbildung auch von Regina Ranft, Geschäftsführerin der Lindenbrauerei GmbH. Das weit über die Region hinaus bekannte Kultur- und Kommunikationszentrum praktiziert schon seit langem Verbundausbildung für Veranstaltungsfachkräfte im Gastronomiebetrieb. Einer der Auszubildenden war sogar Jahresbester in NRW. Den mit der Verbundausbildung verbundenen Verwaltungsaufwand beschrieb Regina Ranft souverän und selbstironisch zugleich: „Wenn wir, die wir an Kultur mehr interessiert sind als an Bürokratie, das hinbekommen, dann schafft das auch jeder andere Industrie-, Handwerks- oder Dienstleistungsbetrieb.“
Unterstützung finden Verbundunternehmen bei der verwaltungstechnischen Abwicklung der Förderung übrigens auch bei der Regionalagentur. Sie will nach der überzeugenden Auftaktveranstaltung zur Teilzeit- und Verbundausbildung das Format schon bald in Hamm und Dortmund wiederholen. Rückendeckung findet sie hier beim IHK-Experten Dirk Vohwinkel: „Angesichts des Fachkräftemangels rechnet sich Ausbildung unter dem Strich immer, egal ob in Vollzeit, in Teilzeit oder im Verbund!“
Weitere Informationen zur Teilzeitberufsaubildung
Weitere Informationen zur Verbundausbildung
 
 
 
Quelle: Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW, 2017
Bildquelle: Joe Kramer

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