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Öffentlich geförderte Beschäftigung – vom NRW-Landesprogramm zum bundesweiten Teilhabechancengesetz

07.02.2019

© Joe Kramer

Unberührt ließen die in zwei Filmen vorgestellten „Fallbeispiele“ wohl niemanden im Kinosaal des Kulturzentrums „Depot“ in der Dortmunder Nordstadt. „Fallbeispiele“ – damit sind Menschen gemeint: Monika und Kalle, zwei Teilnehmende des vom Land NRW mit ESF-Mitteln geförderten Programms „Öffentlich geförderte Beschäftigung“ (ÖgB NRW).

„Geschafft!“ Unter diesem Titel präsentierte die Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet eine Filmreihe über ehemalige Langzeitarbeitslose. Durch eine Teilnahme am Dortmunder Projekt „Aktiv statt passiv!“ im Rahmen des Landesprogramms „Öffentlich geförderte Beschäftigung“ fanden sie eine reguläre Beschäftigung. Die Veranstaltung zur Filmpremiere würdigte die Erfolgsfaktoren des Programms, die sich im Teilhabechancengesetz wiederfinden.

Einfühlsam zeigte Regisseur Horst Herz die beiden Protagonisten bei der Arbeit und bei der Reflexion: beim Nachdenken über ihre persönliche Lebensgeschichte, ihre Doppelbelastung bei der Pflege Angehöriger und der gleichzeitigen, lange vergeblichen Suche nach einem Job, ihre Angst vor der gesellschaftlichen Isolation, aber auch ihren Mut, sich nach langer Arbeitslosigkeit doch noch mal zu qualifizieren und im betrieblichen Arbeitsalltag zu bewähren. Hier, an ihrem anfangs vom Land geförderten Arbeitsplatz, erfuhren sie Wertschätzung und Anerkennung, spürten, dass sie gebraucht werden und produktiv zur Wertschöpfung beitragen können. Heute haben beide eine unbefristete sozialversicherungspflichtige Beschäftigung: Monika in der Pflegebranche und Kalle als Anleiter beim Elektronikschrott-Recycling. Eindringlich zum Ende des Films ihr persönlicher Appell an die Zuschauerinnen und Zuschauer in ähnlicher Lage: „Wir haben es geschafft“, sagen sie da voller Überzeugung, „und Du schaffst es auch!“

„Vorbilder und Mutmacher zugleich“

Nicht nur Staatssekretär Dr. Edmund Heller zeigte sich nach der Filmpremiere beeindruckt von „Mut, Durchhaltevermögen und Engagement“ der Protagonisten: „Sie sind Vorbilder und Mutmacher zugleich. Sie sind exzellente Zeugen dafür, wie eine sinnvolle Tätigkeit und das Zutrauen anderer in die eigenen Fähigkeiten das Selbstwertgefühl steigern können. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen diese Filme sehen!“ Gleichzeitig galt sein Respekt den arbeitsmarktpolitisch verantwortlichen Akteuren vor Ort: „Nur wenige Kommunen in Nordrhein-Westfalen sind beim Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit so aktiv engagiert wie Dortmund.“

Wie nötig das Engagement ist, zeigt ein Blick auf die vergleichsweise hohe Quote Langzeitarbeitsloser in Dortmund wie auch in anderen Städten des Ruhrgebiets. „Hier muss noch viel passieren“, hatte Thomas Westphal, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund, in seiner Begrüßungsrede gesagt. Viel zu oft noch sei angesichts der guten Konjunkturlage in Politik und Gesellschaft zu hören: „Wer wirklich arbeiten will, bekommt auch Arbeit.“ Doch so einfach ist das nicht, zeigte sich der Wirtschaftsförderer überzeugt, „wir als Verantwortliche müssen uns auch darüber im Klaren werden, welche Strukturen uns daran hindern, Menschen wieder in Arbeit zu bringen.“

Zwar verzeichne die Wissens- und Technologie-Metropole Dortmund ein enormes Wachstum am akademischen Arbeitsmarkt, doch viele Arbeitsplätze mit einfachen Tätigkeiten sind weggefallen. Beschäftigungsperspektiven für Menschen mit geringerer Qualifikation, „die keinen akademischen Abschluss haben und vielleicht noch nicht einmal den Hauptschulabschluss“ biete neuerdings der expandierende Logistik-Sektor, aber auch, zum Beispiel, die Gastronomie. „Wir haben viel geschafft“, so Thomas Westphal, „aber wir haben überhaupt nicht vor, mit unserem Engagement aufzuhören.“

„Immer gemeinsam, anders geht es nicht“

Vor dem Ausblick in die Zukunft stand jedoch der Rückblick auf die Erfolge der Vergangenheit auf dem Tagesprogramm. Zu Recht, wie die selbstbewussten Aussagen von Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer im Jobcenter Dortmund, in der von Kai Bandermann (WDR) moderierten Podiumsdiskussion dokumentierten: „Wir haben in unserer Stadt mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für arbeitslose Menschen geschaffen als manche Bundesländer in ihrem ganzen Land!“

Als einen der maßgeblichen Erfolgsfaktoren sah er das Zusammenwirken von Land und Kommune beim Thema öffentlich geförderter Beschäftigung, aber auch die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Sozialdezernat der Stadt, der Wirtschaftsförderung, dem Jobcenter sowie der lokalen Ökonomie. Sein Fazit: „Immer gemeinsam, anders geht es nicht!“

Darin stimmte er mit der Dortmunder Sozialdezernentin Birgit Zoerner überein, die ihrerseits die „sorgfältige Auswahl“ der Teilnehmenden am landesgeförderten ÖgB-Programm als einen der „Gelingensfaktoren“ bezeichnete, zu denen sie auch die Kombination aus Arbeit, Qualifizierung, Jobcoaching und sozialpädagogischer Begleitung durch die beteiligten Träger zählte.

Einer der Träger war die Dortmunder GrünBau GmbH. Die gemeinnützige Gesellschaft für soziale Beschäftigung und Qualifizierung in der Stadterneuerung hat ihre wirtschaftlichen und sozialen Unternehmensbereiche in einem ganzheitlichen Betriebskonzept integriert: die berufliche Qualifizierung arbeitsloser Frauen und Männer, die soziale Stabilisierung der Teilnehmenden sowie die Erwerbsorientierung und Betätigung am Markt durch das Angebot sinnvoller Produkte und Dienstleistungen.

Während Andreas Koch, Geschäftsführer der GrünBau GmbH, vor allem auf die hohe Bedeutung einer langfristigen Unterstützung arbeitsloser Menschen bei ihrem (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt hinwies, hoben andere der Podiumsdiskutanten die im Landesprogramm praktizierte Nähe zum „regulären Arbeitsmarkt“ als wichtigen Erfolgsfaktor hervor. „Hier, bei der Arbeit im Betrieb“, so Birgit Zoerner, „konnten die ehemals langzeitarbeitslosen Menschen zeigen, was wirklich in ihnen steckt – jenseits von dem, was auf dem Papier steht und in ihren Zeugnissen zu lesen ist.“

Bewährtes bleibt: Zentrale Elemente des Landesprogramms auch im neuen Teilhabechancengesetz

Dann der Blick nach vorn, in die Zukunft. Hier bietet das neue Teilhabechancengesetz nach Ansicht von Staatssekretär Dr. Heller mit seinen neuen Fördermöglichkeiten optimale Chancen für Langzeitarbeitslose auf dem Arbeitsmarkt. Mit dem neuen Gesetz, so Dr. Heller, „ist ein Regelinstrument auf Bundesebene entstanden, mit dem Langzeitarbeitslosigkeit noch intensiver als bisher angegangen werden soll, und zwar in ganz anderen finanziellen Dimensionen, als es über das Landesprogramm möglich war.“

Eingeflossen sind in das Gesetz bewährte Elemente von „ÖgB NRW“. Dazu zählen vor allem das begleitende Job-Coaching und die Qualifizierung der langzeitarbeitslosen Personen. Positiv, so die Podiumsteilnehmenden unisono, sei der Wegfall von Bedingungen wie etwa „Wettbewerbsneutralität“ oder der „Nachweis des öffentlichen Interesses“, denn „das entbindet alle Beteiligten von Bürokratie.“

Zum Abschluss der Veranstaltung erinnerte Staatssekretär Dr. Heller an die maßgebliche Beteiligung von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann beim Zustandekommen des neuen Gesetzes in den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene und er versicherte: „Jetzt will er auch dessen Erfolg!“
Einen ersten Erfolg konnte gleich anschließend Jobcenter-Geschäftsführer Frank Neukirchen-Füsers vermelden: „Der Schwung des Landesprogramms ist schon jetzt auch beim neuen Gesetz zu spüren. Uns liegen bereits mehr als 500 neu gemeldete Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen vor, davon mehr als die Hälfte in privatwirtschaftlichen Unternehmen!

Lesen Sie hier die gesamte Pressemitteilung des MAGS: https://www.mags.nrw/oegb-veranstaltung-dortmund

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